Rechercheinterviews mit Andreas Baumert und Sabine Reich
Ein ganz besonderes Buch für Interviewer ist „Interviews in der Recherche“, obwohl das Interview als journalistische Darstellungsform ausdrücklich nicht Gegenstand der Beschreibungen ist. Die Autoren Andreas Baumert, Professor für Recherche und Text, sowie Sabine Reich, Redakteurin auf Unternehmensseite, geben als Zielgruppen neben Journalisten auch PR-Redakteure, Sachbuchautoren und Werbetexter an. Denn sie alle vereint, dass sie meist recherchieren müssen, ehe sie ihre Beiträge erstellen können – also Rechercheinterviews führen müssen.
Der besondere Verdienst der Autoren ist, dass sie in die für Interviews bedeutsame Kommunikationspsychologie einführen. So erläutern sie, warum viele Kommunikationsstörungen darauf zurückzuführen sind, dass Interviewbeteiligte die Hierarchie der menschlichen Bedürfnisse ignorieren. Diese hatte der US-Psychologe Abraham Maslow maßgeblich definiert. Baumert und Reich zeigen auch das Johari-Fenster der US-Psychologen Joseph Luft und Harry Ingham, das Verhaltensweisen von miteinander kommunizierenden Menschen veranschaulicht. Zudem verdeutlichen sie, warum Interviewer die vom deutschen Psychologen Friedemann Schulz von Thun beschriebenen vier Seiten einer Nachricht ebenso kennen sollten wie die Grundlagen der Transaktionsanalyse, eine vom US-Psychologen Eric Berne begründeten Theorie zur Persönlichkeitsstruktur. Und das Schöne an dieser Einführung in die Psychologie: Sie ist nur leicht verständliche 30 Seiten lang.
Danach widmen sich die Autoren den wichtigsten Fragearten und -techniken, geben Tipps zur Planung und Nachbearbeitung von Rechercheinterviews und beschreiben, was Interviewer rechtlich und medienethisch beachten sollten. Wer dieses Buch verinnerlicht, kann professionell Gespräche führen – nicht nur in der Recherche.
Andreas Baumert, Sabine Reich: Interviews in der Recherche
2. Auflage, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2012, 200 Seiten, 19,95 Euro
