kurz & knackig: Interview mit Transfair-Vorstand Claudia Brück

Interviews führen, Interviews autorisieren

“Ein Interview darf kein Ersatz für Grundlagenrecherche sein”

Claudia Brück bringt Fairtrade in die deutsche Öffentlichkeit. Die Regionalwissenschaftlerin Lateinamerikas gehört dem Vorstand von Transfair e.V. an und verantwortet als Sprecherin die Kommunikation der Organisation. Hier beantwortet sie Fragen über das Interview aus der Sicht der Sprecherin.

Im Juni 2017

Interview - Interviews autorisieren
Claudia Brück, Transfair: “Gute Interviewer sind aufmerksame Zuhörer und denken mit”

Alles über Interviews: Frau Brück, welche Vorteile hat das  Interview aus Ihrer Sicht der Sprecherin gegenüber anderen journalistischen Darstellungsformen?

Claudia Brück: Der Kontext, in den Antworten gestellt werden, ist im Interview klar gesetzt. Den Rahmen für die Aussagen liefern die Fragen – Punkt.

Wie sind Journalisten oder Blogger, denen Sie gerne ein Interview geben oder vermitteln?

Offen. Offen dafür, vorgefertigte Meinungsbilder durch gute Argumente ändern zu lassen.

Was erwarten Sie von Journalisten in der Interviewvorbereitung?

Ich erwarte, dass jemand das kleine Einmaleins der Recherche erfüllt hat und vorbereitet in ein Gespräch startet: z. B. mit wem spreche ich da, wofür steht die Organisation, in welchem Kontext wird agiert.

Warum sitzen oft Pressesprecher in Interviews, obwohl sie nicht die Interviewten sind?

Wir sind Händchenhalter, Simultanübersetzer, Dechiffrierer, Umsorger und Wachhunde. Wir tragen Sorge, dass der inhaltliche, springende Punkt nicht verloren geht.

Welche Verhaltensweisen von Interviewern nerven Sie?

Einerseits schlechte Vorbereitung. Ein Interview darf kein Ersatz für Grundlagenrecherche sein. Und Verbohrtheit. Wer keine Antworten hören will, die nicht in das geplante Schema passen, sollte nicht die Textform Interview wählen.

Wann ist ein Interview aus Ihrer Sicht schlecht gelaufen?

Wenn man das Gefühl hat, aneinander vorbei geredet zu haben.

Wann finden Sie Interviews gelungen?

Wenn das Interview kein starres Frage-Antwort-Spiel war, sondern zu einem „echten“ Gespräch wurde.

Was haben gute Interviewer, was schlechte nicht haben?

Gute Interviewer sind aufmerksame Zuhörer und denken mit.

Sehen Sie Unterschiede in der Interviewführung zwischen Journalisten und Bloggern?

Nein. Grundlagen wie Vorbereitung und offene, aktive Gesprächsführung müssen von allen Interviewern, die professionell arbeiten wollen, erfüllt werden.

Was ärgert Sie, wenn Sie Interviewtexte zur Autorisierung bekommen?

Fehlende Stringenz, faktische Fehler und wenn ich merke, dass Sachverhalte nicht verstanden wurden (aber im Interview auch nicht nachgehakt wurde).

Gehört die Interviewtext-Autorisierung abgeschafft, wie es viele Journalisten fordern?

Nein. Wenn man ein Interview nicht mitschneidet, werden Aussagen vom Interviewer wiedergegeben und es ist sinnvoll, dass der Interviewte nochmal auf inhaltliche Korrektheit und Sprachduktus blickt. Das hat auch nichts mit „Schönschreiben“ zu tun.

Sie dürfen der Journalistenzunft jetzt bis zu drei Fragen zum Thema Interview stellen.

Welche Themen sind für die Textform Interview besonders spannend? Was langweilt Sie bei Interviews? Was ist das Schlimmste, was das Beste, was einem als Interviewer im Gespräch passieren kann?

Vielen Dank!

Claudia Brück ist Vorstand Kommunikation und Politik bei Transfair e.V., der deutschen Organisation für den Fairen Handel (Fairtrade). Brück studierte in Köln und Tucumán, Argentinien, und erlangte den Grad der Diplom-Regionalwissenschaftlerin Lateinamerikas. Seit 1999 arbeitet sie für Transfair in verschiedenen Aufgaben: Pressesprecherin und Leitung der Bereiche Kommunikation und Politik, stellvertretende Geschäftsführerin, strategische Kommunikation, entwicklungspolitische Positionierung und die Zusammenarbeit mit dem zivilgesellschaftlichen und entwicklungspolitischen Stakeholdern. Seit 2015 gehört sie dem geschäftsführenden Vorstand an.

kurz & knackig Für die „Alles über Interviews“ – Serie beantworten Journalisten, Blogger, Volontäre, Studenten, Interviewte und Kommunikationsverantwortliche von Unternehmen und anderen Organisationen in loser Folge einen Fragebogen zum Thema Interview. Die elf Antworten sollen jeweils höchstens 250 Zeichen lang sein.