Experteninterview: Finanz-Professor Johannes Becker über Interviews mit Wissenschaftlern

„Wenn Journalisten vor allem Recht haben wollen, dann wirkt das für mich wie Desinteresse an meinen Worten.

Von Tim Farin*, im August 2019 (doch aktuell wie eh und je)

Experteninterview: Wissenschaftler sind gefragte Gesprächspartner in den Medien. Dabei läuft nicht immer alles glatt. Im Interview mit Tim Farin erzählt Prof. Dr. Johannes Becker, Direktor am Institut für Finanzwissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, von seinen Erfahrungen als interviewter Experte, wie er zu Fehlern im Interview steht und warum sich Wissenschaftler nicht zu jedem Thema äußern sollten.

Experteninterview - Interviewführung
Finanzwissenschaftler Johannes Becker schätzt es, wenn Interviewer sich gut vorbereiten und bereit sind, dazuzulernen. (Foto: profipress)

Tim Farin: Herr Becker, wir reden über journalistische Experteninterviews – und zwar mit einem Experten aus der Wissenschaft, der immer häufiger Interviews gibt. Sagen Sie doch mal: Wie finden Sie die Stilform Interview eigentlich?
Johannes Becker: Ich würde immer lieber einen Gastbeitrag schreiben, weil ich dann größere Kontrolle über das Ergebnis habe: über Inhalte und Sprache. Zum Beispiel zum Thema Digitalsteuer. Also ich bin der Meinung …

Moment, darüber wollte ich nicht mit Ihnen sprechen. Mögen Sie es nicht, wenn Sie spontan auf Journalistenfragen antworten müssen?
Nun, geistesgegenwärtiges Antworten ist eine Disziplin für sich. Sie gefällt mir, aber sie stellt auch hohe Anforderungen. Das sagen auch meine wissenschaftlichen Kollegen. Es ist vor allem eine Kunst, ganz spontan etwas zu sagen, das dem Publikum gerecht wird und gleichzeitig nicht trivial ausfällt – und dann auch etwas mit der gestellten Frage zu tun hat.

Und funktioniert das im Experteninterview?
Nicht immer, so selbstkritisch muss man wohl sein. Das haben wir einfach nicht gelernt. Wir können besser in Vorlesungen monologisieren und eigene Texte schreiben. Aber Interviews bedeuten erstmal Stress.

Sie sind ja Volkswirt und Ihre Themen, etwa die Aufarbeitung der Eurokrise oder die Fragen internationaler Besteuerung, sind alles andere als trivial. Sind Sie überhaupt der Richtige fürs journalistische Gesprächsformat?
Das hoffe ich doch! Aber ich gebe zu, dass ich mich wohler fühle, wenn es nicht um spontane Antworten in einer richtigen Live-Situation geht. Das hat nichts damit zu tun, dass ich die Journalisten in ihren Fragen lenken will, sondern eher mit dem erwartbaren Ertrag. Da ist es hilfreich, wenn mir die Kollegen vorher die Fragen zur Vorbereitung schicken. Schließlich geht es oft um Sachverhalte, die schwer herunterzubrechen sind.

Zum Beispiel?
Ich erinnere mich noch an ein Interview mit dem Hessischen Rundfunk: Die wollten mit mir über Karussellgeschäfte reden, ein Betrugsmodell in der Mehrwertsteuerhinterziehung. Da dachte ich, oje, wie geht denn das in zwei Minuten oder weniger? Da ist die Gefahr groß, dass die Leute denken: „Ist kompliziert, versteh‘ ich nicht, damit muss ich mich nicht auskennen.“

Und wie haben Sie das dann gemacht?
Ich habe mir die Antworten vorher aufgeschrieben und ein paar Mal laut vorgesprochen, damit es noch nach spontaner wörtlicher Rede klingt. Wenn man ein bisschen Zeit hat, dann geht das. Wenn ich hingegen zu komplexer Materie wirklich spontan antworten soll, was eben auch vorkommt, dann kämpfe ich eher damit, meine Sätze zu Ende zu bringen, meine Stimme runter zu bringen. Darunter leidet dann schon einmal die Klarheit der Darstellung.

Glauben Sie denn, dass ein Gastbeitrag auch besser ist als ein Experteninterview, um Ihre Erkenntnisse zu vermitteln?
Nicht unbedingt, das kommt sehr auf den Journalisten oder die Journalistin an. Im Idealfall sind das schließlich die Profis in Sachen Leserverständnis …

„Oft stehen im Text plötzlich inhaltliche, sachliche Fehler.“

… aber mitunter inhaltlich schlecht vorbereitet?
Da habe ich unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Manchmal entsteht bei mir schon der Eindruck, dass kaum Arbeit reingesteckt wird – weder in die Vorbereitung noch in die Niederschrift. Selbst bei meinen Gastbeiträgen wird ja häufig noch etwas in der Redaktion angepasst. Das passiert offenbar häufig zwischen Tür und Angel. Bei der Vor- und Nachbereitung von Interviews erlebe ich das genauso. Ganz sicher liegt das am Zeitdruck, nicht am Unvermögen.

Das heißt, Sie müssen bei den Interviewtexten auch noch mal richtig Hand anlegen?
Oft stehen im Text plötzlich inhaltliche, sachliche Fehler, die ich natürlich korrigieren muss.

Wie bitte? Die Journalisten bauen Fehler beim Schreiben ein?
Es wird ja in den meisten Fällen gekürzt und geglättet, zusammengefasst. Offensichtlich passieren dabei viele inhaltliche Fehler.

Aber der Journalist weiß ja, was lesbar, was konsumierbar ist …
Genau, aber dann wird es manchmal eben auch einfach: falsch.

Dann kann man’s ja gleich sein lassen mit dem Experteninterview.
Nein! Ich denke schon, dass es wichtig ist, dass wir Wissenschaftler uns zu Wort melden. Sonst überlässt man Leuten wie den Ökonomen Max Otte und Dirk Müller das Feld der Medien. Und das kann ja auch niemand wollen.

Wie handhaben Sie denn die Anfragen der Medienvertreter?
Wenn es thematisch passt, sage ich eigentlich immer zu. Es sei denn, dass das Medium mir nicht behagt, aber das ist jetzt bislang noch nicht so oft vorkommen. Ich würde keinen rechtsradikalen Medien Interviews geben. Auch keinen Medien, bei denen ich den Eindruck habe, die versuchen, mich für irgendwas anderes zu vereinnahmen.

Erleben Sie denn auch gut vorbereitete Journalisten?
Ja, regelmäßig. Es gibt Leute, die sind extrem gut eingearbeitet und kennen sich vor allem in institutionellen Dingen manchmal besser aus als ich. Das gilt für Printmedien, aber vor allem auch fürs Radio. Dort bin ich schon oft positiv überrascht worden.

„Bluffen geht nicht im ‘Experteninterview’ mit einem Wissenschaftler.“

Experteninterview - Interviewführung
„Wenn man nur 90 Sekunden hat, dann muss man sie nutzen, zu einem festgelegten Thema etwas Klares, vielleicht Aufklärendes, zu sagen. Ich finde, da muss sich die Wissenschaft auch stellen.“ (Foto: dhpg)

Merken Sie, ob die Kollegen wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse haben – oder ob sie bluffen?
Bluffen geht nicht im „Experteninterview“ mit einem Wissenschaftler. Dafür ist das Thema immer zu speziell. Allein die Begriffe zu kennen und so zu gebrauchen, dass es nicht sofort auffällt, das ist kaum möglich, ohne nicht wirklich im Thema zu sein.

Es ist ja bekannt, dass Sie dagegen sind, dass Google besteuert wird …
Nein, nein, ich bin dafür, dass Google höher besteuert wird, aber ich bin gegen die Google-Steuer.

Ich hab‘ mich vertan?
So ist es.

Das war Absicht. Wie finden Sie es, wenn Journalisten im Experteninterview Fragefehler machen – wie wirkt das auf Sie?
Das macht mir nichts aus. Ich breche ja dann nicht das Gespräch ab. Mein erster Reflex wäre es dann eher, mich zu fragen: „Sind meine Texte vielleicht doch missverständlich?“ Da würde ich den Fehler erstmal nicht beim Journalisten suchen.

Aber wenn dem Journalisten so etwas passiert, vor allem am Anfang eines Gesprächs, dann könnte das beim Gesprächspartner ja etwas hervorrufen: Abneigung oder Vorsicht vielleicht …
Das ist wahrscheinlich bei Politikern oder Unternehmensvertretern relevant. Ich stehe als Wissenschaftler wirklich nur für mich. Ich werde ja nicht gewählt und vertrete auch keine Institution, die bestimmte Interessen vertritt. Daher habe ich überhaupt kein Problem damit, wenn jemand einen falschen Eindruck hat – solange er die Bereitschaft hat dazuzulernen und dieses Missverständnis dann mit mir aufzuklären.

Und was ist mit Journalisten, die im Experteninterview stark ihre Meinungen vertreten?
Das habe ich schon erlebt, dass ein Journalist eine ganz starke politische Meinung zu einem Thema hatte, die ich aber nicht geteilt habe. Und er aber offensichtlich dieses Interview nutzen wollte, um seine Meinung zu transportieren, um sie mir quasi in den Mund zu legen. Das ist natürlich sehr anstrengend. Wenn ein Gesprächspartner insistiert, Recht haben will, dann wirkt das auf mich wie Desinteresse an meinen Worten.

Es gibt auch viele Interviewformate, die zuspitzen oder sehr verknappen – etwa „Drei Fragen an“ oder „90-Sekünder“ – machen Sie so etwas mit?
Ja, das habe ich auch schon oft gemacht. Wenn man nur 90 Sekunden hat, dann muss man sie nutzen, zu einem festgelegten Thema etwas Klares, vielleicht Aufklärendes, zu sagen. Warum sollte ich das nicht machen? Ich finde, da muss sich die Wissenschaft auch stellen. Klar sagen manche Kollegen: „Ich kann das nicht in 90 Sekunden, dafür ist die Materie zu komplex“. Aber das ignoriert meines Erachtens, dass es auch unterschiedliche Medienformen gibt und Leute, bei denen das Interesse eben nur für diese 90 Sekunden reicht und nicht für den langen Hintergrundartikel.

Hat denn jemand etwas davon, wenn Johannes Becker in „Drei Fragen – Drei Antworten“ zur Digitalsteuer Stellung nimmt?
Im besten Fall die Leser oder Zuhörer. Manchmal kommt aber aus diesem Anlass auch ein Hintergrundgespräch zustande. Dieser informelle Austausch kann für beide Seiten ein Gewinn sein. Journalisten haben ein viel besseres Gespür für das, was politisch wichtig ist, auch weil sie näher an der Politik sind. Dafür haben wir mehr Zeit, zu lesen und komplexere Dinge zu durchdenken und Daten zu analysieren. Ab und zu führe ich solche Gespräche mit Journalisten von SZ oder FAZ – aber ich habe den Eindruck, dass dies häufiger passieren sollte. Gerade weil daraus kein unmittelbares „Produkt“ in Form eines Interviews oder Zitats entstehen muss, man also frei von jeglichen Anforderungen an Leserverständlichkeit oder Hörerinteresse miteinander reden kann. Voraussetzung ist natürlich das Interesse aneinander. Dann können beide Seiten viel voneinander lernen.

Aus Sicht eines Journalisten ist die Wissenschaft nicht besonders kontaktfreudig.
Mag sein, dass einige Kollegen nicht gern aus dem Elfenbeinturm herauskommen. Auf der anderen Seite gibt es auf Journalistenseite Vertreter, die lediglich nach Experten-Zitaten suchen, die den Text auflockern. Das macht uns dann wiederum keinen Spaß.

 Verstehe. Wie sieht es denn aus, wenn ein Journalist für eine Sache kämpft, also etwa für die Besteuerung von Google …
Der Haltungsjournalist (lacht). Also: Im Ernst, wer ist denn gegen die Besteuerung von Google? Ich kann das jetzt gern mal im Detail …

Nein, das ist ein anderes Thema, das interessiert mich gerade gar nicht. Interessant ist für mich gerade: Was machen Sie mit solchen Haltungsjournalisten? Stellen Sie die im Gespräch bloß?
Den Reflex hatte ich noch nie. Ich hatte bislang immer den Eindruck, wenn Journalisten so fragen, dann nicht aus eigener Überzeugung, sondern mit einer intuitiven Meinung, die etwa bei der Leserschaft vorherrschen könnte. Zum Beispiel: „Ist es nicht gerecht, Google mal ordentlich zu besteuern?“ Selbst wenn der Journalist weiß, dass es inhaltlich arg vereinfacht. Das ist aber okay. Da muss ich nicht den Journalisten bloßstellen, sondern Leser oder Hörer einfangen und sagen: „Okay, das ist potenziell eine plausible Annahme, aber es gibt Folgendes zu bedenken …“

Wie steht es mit Konfrontationen im Experteninterview mit Ihnen?
Die habe ich bislang noch nicht so erlebt. Das trifft wohl eher Politiker. Ich kann ohne Probleme sagen, dass ich etwas nicht weiß oder dass etwas nur meine Meinung ist. Bei mir gibt es auch keine verfänglichen O-Töne herauszukitzeln – wen interessiert schon, was ich als Wissenschaftler wie und wo gesagt habe? Ich bin als Person uninteressant, nur die Expertise zählt.

„Sie würden auch keinen Orthopäden fragen, wenn es um Heuschnupfen geht.“

Was ist, wenn der Journalist Ihre Expertise in Frage stellt?
Wenn das während des Interviews oder sogar im Live-Gespräch passiert, ist das natürlich unangenehm – aber das habe ich bislang nicht erlebt.

Und im Vorgespräch?
Auch da nicht, obwohl das sicherlich angebracht wäre. Sehen Sie, ich kenne mich in der Steuerpolitik und im breiteren Feld der Finanzwissenschaft aus. Auf andere Fragen in der Ökonomik wie Konjunktur, Bankenregulierung und Arbeitsmärkte kann ich nur als ausgebildeter Volkswirt antworten, nicht als Experte. Es ist seltsam, dass es dafür so wenig Bewusstsein gibt: Sie würden doch auch keinen Orthopäden fragen, wenn es um Heuschnupfen geht.

Das hält aber einige Ihrer Kollegen nicht davon ab, trotzdem auf alles zu antworten.
(Lacht) Ja, das ist manchmal wirklich abenteuerlich. Schauen Sie nur mal, wer sich damals alles zur Mindestlohneinführung geäußert hat. Die wenigsten haben dazu auch geforscht. Solches Dilettantentum mit Professorentitel ist vor allem für diejenigen frustrierend, die medial weniger sichtbar sind, aber sich deutlich besser auskennen. Es schadet uns auch als Profession.

 Also sollten Journalisten immer im Vorgespräch fragen: Fühlen Sie sich kompetent, um dieses Thema zu besprechen?
Das darf ruhig darüber hinausgehen. Fragen Sie den Kollegen oder die Kollegin, was er oder sie bislang dazu geschrieben hat. Für jeden, der hier etwas vorweisen kann, ist das keine despektierliche Frage. Im Gegenteil – schließlich reden wir über nichts lieber als über unsere Arbeit.

 Der Journalist zielt natürlich immer auf ein interessantes Stichwort, eine Headline. Fragen Sie auch das im Voraus ab? Das Ziel, das „Was wollen Sie von mir haben?“
Das sollte ich vielleicht machen. Bislang haben wir uns vorher immer nur über das grobe Thema verständigt. Das ermöglicht mir, mich vorzubereiten und macht mich weniger tagesformabhängig. So kann ich prägnanter formulieren, und darum geht es ja.

Man unterscheidet verschiedene Interviewformen, etwa zwischen Experten- und Meinungsinterviews. Wie unterscheiden Sie hier Ihre Haltung?
Ein echtes Meinungsinterview habe ich, glaube ich, noch nicht geführt. Aber selbst in Experteninterviews werde ich immer nach meiner Meinung gefragt, dabei ist das nicht unproblematisch.

 Warum denn das?
Da vermischen sich meine Rolle als Professor und Direktor eines Instituts und die als Staatsbürger. Als solcher habe ich eine Meinung, aber nicht als Professor oder als Institutsleiter. Ich kann als Experte ausbuchstabieren, welche politischen Möglichkeiten wir haben, zum Beispiel wenn man Google höher besteuern möchte. Der nächste Schritt ist dann, als Staatsbürger hinzugehen und zu entscheiden, welche dieser Wahlmöglichkeiten mir am liebsten ist.

„Echte Wissenschaft findet eben nicht in den Medien statt.“

Wo genau liegt das Problem?
Ich werde in Interviews ständig gefragt: „Was ist Ihre Expertenmeinung dazu?“ Diese Frage impliziert, dass meine Expertenmeinung wichtiger ist oder aussagekräftiger, also „wahrer“ als die eines Nicht-Experten. Das Spiel machen alle erfolgreichen Experten mit, niemand enthält sich seiner Meinung. Schließlich wird genau das ja auch nachgefragt. Aber seien wir ehrlich: Letztendlich hat der Staatsbürger in mir einfach nur eine politische Vorliebe, aber darin keine größere Expertise als eine Supermarktverkäuferin oder ein Rockstar oder sonst irgendjemand. Daher ist diese Frage von Journalisten wirklich ein Problem.

Kommt es vor, dass Sie Gespräche nicht mit Blick auf die Aufklärung der Zielgruppen führen, sondern vor allem strategisch, also für Ihr Standing?
Es geht durchaus um die Reputation des Mediums innerhalb des Zirkels der Experten, zu denen ich gehöre. Bei uns Volkswirten ist das ambivalent. Da gibt es diejenigen, die sich besonders viel in den Medien umtun. Der Autorität, die mit erhöhter Medienpräsenz einhergeht, können sich auch die Kollegen nicht ganz entziehen. Zugleich gilt das als eine etwas unernste Tätigkeit. Echte Wissenschaft findet eben nicht in den Medien statt. Wer dort viel in Erscheinung tritt, hat eine Sonderstellung mit Respekt, der aber auch schnell ins Gegenteil umschlagen kann, wenn man auf akademischem Parkett nicht mehr richtig performt oder sich medial zu weit aus dem Fenster lehnt.

Experteninterview
„Nicht wenige der Fernsehexperten haben einen zweifelhaften Ruf innerhalb der akademischen Disziplin“, sagt Ökonom Johannes Becker. (Foto: dhpg)

Es gibt sie aber schon, die Fernsehexperten.
Ja, stimmt, aber nicht wenige von ihnen haben einen zweifelhaften Ruf innerhalb der akademischen Disziplin. Man muss möglichst beides machen, forschen und senden, im Zweifel aber eher forschen.

Man könnte jetzt an Hans-Werner Sinn denken …
Hans-Werner Sinn hatte und hat in der akademischen Disziplin einen viel besseren Ruf, als das im Medienzirkus und in den Social Media manchmal suggeriert wird.

Er ist marktradikal …
Ja, das wird über ihn gesagt. Tatsächlich hat er akademisch viel darüber geschrieben, wie man verhindern kann, dass der Markt die Rolle des Staates unterminiert. Er gilt bei uns als eher staatsfreundlich. Beim TV-Publikum kam das irgendwie anders rüber. (lacht)

 Aber er ist ja auch der Medienökonom schlechthin. Hat ihm das geschadet in der fachlichen Auseinandersetzung?
Ich weiß nicht, vielleicht hat es von seinen akademischen Arbeiten abgelenkt. Ich meine: Jeder von uns kann eine Sinn-These nennen, mit der er oder sie nicht einverstanden ist. Aber seiner akademischen Reputation hat das nicht geschadet. Als er 60. Geburtstag gefeiert hat, sind Nobelpreisträger seiner Einladung gefolgt, das ist bemerkenswert. Die meisten ökonomischen Experten treten innerhalb der akademischen Disziplin völlig anders auf und viel differenzierter.

Langweiliger?
Ja, auch das. Unsere Konferenzen sind relativ erregungsarm. Soll ich Ihnen jetzt erklären, wie ich mir das mit der Besteuerung von Google vorstelle?

Nein, vielen Dank für das Gespräch. 

*Tim Farin ist Co-Initiator von alles-ueber-interviews.de