kurz & knackig mit Tim Rittmann, freier Journalist

„Rumänisch war der Icebreaker.“

Tim Rittmann ist freier Journalist für TV-Sender, Online- und Printmedien mit einem Faible für interaktive Medien, Netzpolitik, (Pop-)Kultur und Wissenschaft. Hier beantwortet er Fragen über Interviews, Interviewer und Interviewte. Nur einen Fragenkatalog abarbeiten mag er nicht.

Im Juni 2015

freier Journalist- Tim Rittmann
Tim Rittmann: „Bei längeren Interviews nicht sofort ans Eingemachte gehen.“ (Foto: Privat)

Alles über Interviews: Herr Rittmann, was reizt Sie daran, als freier Journalist Interviews zu führen?

Tim Rittmann: Klingt vielleicht banal, aber ich mag Menschen und unterhalte mich gerne mit ihnen. Und ein Interview ist ja nicht mehr als ein (formalisiertes) Gespräch unter bestimmten inhaltlichen Vorzeichen.

An welches Ihrer Interviews denken Sie am liebsten zurück?

Auf der Berlinale 2010 sprach ich mit dem rumänischen Regisseur Florin Serbin. Ich hatte mir vorher ein paar Brocken Rumänisch beigebracht, das war der Icebreaker. Das Interview war ein angeregtes Gespräch, die Fragen stellten sich quasi von alleine.

Welches Interview haben Sie mal richtig versemmelt?

Dasselbe Interview. Ich bin in der Gesprächssituation aufgegangen und habe mich über meine tolle Vorbereitung gefreut. Nur wartete mein Kameramann immer noch auf das verabredete Zeichen, loslegen zu können. Zu viel Eitelkeit, zu wenig Teamarbeit.

Wann finden Sie Interviews schlecht?

Das pauschal zu beantworten ist schwierig. Es gibt so viele Arten, ein Interview zu vergeigen. Ich persönlich finde es unangenehm, ein Interview zu lesen oder zu sehen, in denen ein Fragenkatalog lieblos abgearbeitet wird.

Was ist für Sie das Wichtigste bei der Interviewvorbereitung?

Sich zuerst mit dem Thema so intensiv wie möglich zu befassen und anschließend eine Distanz zur Thematik zu gewinnen, um Fragen erarbeiten zu können, die nicht nur für mich, sondern auch für den Leser oder Zuschauer spannend sind.

Haben Sie einen Tipp fürs Warm-up vor dem Interview?

Mit ein wenig Feingefühl schnell herausfinden, ob jemand kurz übers Wetter plaudern möchte oder nicht. Das mit dem „Wetter“ bitte als Metapher für Small-Talk verstehen. Kann natürlich auch in die Hose gehen.

Worauf kommt es beim Fragen besonders an?

Eine Balance zu finden zwischen dem, was man selbst herausfinden will und dem, was der andere zu erzählen bereit ist. Ich persönlich würde bei längeren Interviews nicht mit den Fragen anfangen, in denen es ans Eingemachte geht.

Gehört die Autorisierung von Interviewtexten abgeschafft?

Ich weiß, Autorisierungen schaffen Vertrauen, aber sie sind für mich eher ein notwendiges Übel, weil sie ein Gespräch verfälschen. Gerade Profis wie Politiker und Schauspieler sollten sich darüber im Klaren sein, was sie sagen können und was nicht.

Welches Interviewformat in Deutschland gefällt Ihnen am besten?

Der reine Unterhaltungswert von Moritz von Uslars „100 Fragen an…“ ist in schriftlicher Form phänomenal. Auch wenn seine lebhaft beschriebenen Zwischenbetrachtungen ziemlich gemein sein können.

Wen würden Sie gerne einmal interviewen?

Sepp Blatter über Macht und Einsamkeit. George R.R. Martin über kreative Kollaboration und wie die TV-Serie „Game of Thrones“ sein eigenes Storytelling und seine kreativen Entscheidungen beim Schreiben beeinflusst.

Sie können der Pressesprecherzunft jetzt bis zu drei Fragen zum Thema Interview stellen.

Nehmen Sie es Journalisten krumm, die Sie mit gezielten Fragen in unangenehme Situationen bringen? Haben Sie Verständnis dafür, wenn man sich bei Interviews nicht Eins zu Eins an einen verabredeten Themenkatalog hält? Tragen Sie zu einem gewissen Teil die Verantwortung, wenn Ihr Arbeitgeber in einem Interview mehr sagt, als er sagen sollte?

Vielen Dank!

Tim Rittmann (*1978) arbeitet als freier Journalist in Berlin, vor allem für TV-Magazine des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Außerdem schreibt er für die Online-Ausgaben der Süddeutschen Zeitung, der ZEIT und für diverse andere Auftraggeber. Aufgewachsen ist er in Dortmund. Mit 16 schrieb er für die Lokalpresse seinen ersten Artikel über den geselligem Skat-Donnerstag bei der Arbeiterwohlfahrt. Schließlich landete er als Junior-Redakteur bei der Lokalausgabe der Westfälischen Rundschau. Er spezialisierte sich auf Computerspiele und Gameskultur, fand aber wissenschaftliche und kulturelle Geschichten irgendwann immer spannender, so dass er seinen Fokus inzwischen so definiert: netz | kultur | unterhaltung.

kurz & knackig Für die „Alles über Interviews“ – Serie beantworten Journalisten, Blogger, Volontäre, Studenten, Interviewte und Kommunikationsverantwortliche von Unternehmen und anderen Organisationen in loser Folge einen Fragebogen zum Thema Interview. Die elf Antworten sollen jeweils höchstens 250 Zeichen lang sein.