Sitzordnung im Interview
Ursachen und Folgen nachteiliger Sitzpositionen
Nachteilig ist die Sitzordnung im Interview für den Interviewer dann, wenn er in einer anderen Position dem Interviewten näher wäre. Und folgendes kommt dabei heraus:
Innere Distanz zeigt sich im Sitzabstand
Der Interviewpartner hat Heimvorteil, wenn das Gespräch zum Beispiel in dessen Wohnung, Büro oder Stammlokal stattfindet. Dort hat er die Platzhoheit und setzt seinen Interviewer gemäß seiner inneren Distanz auf Abstand. Doch wenn der Interviewer zu weit vom Gesprächspartner weg sitzt, kommt er – umgangssprachlich ausgedrückt – nicht an ihn ran.
Frontal wie beim Polizeiverhör
Der Interviewer sitzt dem Befragten frontal gegenüber. Diese Positionierung verbinden viele Interviewte mit einem psychischen Druck, wie er in Polizeiverhören herrscht. Sie sind verunsichert und ziehen den emotionalen Schutzschirm hoch.
Pressesprecher kann agieren
Der Interviewer hat nur den Interviewten im Blick, aber nicht dessen „Beistand“ (beispielsweise den Pressesprecher). So kann dieser dem Interviewpartner heimliche Zeichen geben, sollte der mehr ausplaudern wollen als geplant.
Aufdringliche Nähe schafft Abstand
Es kann auch passieren, dass der Interviewer den Sitzabstand so gering wählt, dass ihn der Interviewte als Eindringling in seine „private Zone“ empfindet und sich entsprechend unwohl fühlt. Folglich weicht der Befragte vom Interviewer zurück – räumlich und emotional. Nun, auch das wäre die falsche Sitzordnung im Interview.
Tipps für eine vorteilhafte Sitzordnung im Interview
So positionieren Sie sich gegenüber Ihrem Interviewpartner an einem eckigen Tisch am besten
Über Eck und zugewandt
Sitzen Sie mit dem Gesprächspartner über Eck zusammen, bei einem Abstand von 120 bis 150 Zentimeter (optimaler Abstand in Mitteleuropa) und die Oberkörper einander zugewandt. Ein kurzer Ausflug in die nonverbale Kommunikation: Bleiben Sie mit dem Oberkörper am Tisch. Wahrscheinlich kommt dann der Interviewte – sollte er noch zurückgelehnt sitzen – auch bald mit dem Oberkörper an den Tisch. Körperliche Zu-Neigung fördert eine positive Gesprächsatmosphäre!
Pressesprecher außen vor
Setzen Sie den Pressesprecher so, dass Sie ihn gerade noch im Blickfeld haben, wenn Sie Ihren Interviewpartner anschauen. Aber Achtung: Wenn der Interviewte Sie anschaut, sollte er seinen Pressesprecher nicht mehr sehen. Wenn der Pressesprecher zudem zwei, drei oder mehr Meter vom Interviewten entfernt sitzt, kann ihn der Interviewte nur mit auffälligen Bewegungen „zu Hilfe“ rufen, die Ihnen auffallen würden. Es geht hier nicht darum, den Pressesprecher vollkommen aus dem Spiel zu nehmen. Souveräne Pressesprecher schalten sich ohnehin charmant ein, wenn sie es im Interview für nötig halten. Aber es ist für den Interviewer immer besser, wenn der Interviewte seinen “Beistand” vergisst und sich voll auf den Fragesteller konzentriert.
Null Chance für die kalte Schulter
Wenn Sie zu zweit einen Gesprächspartner interviewen, sollten Sie beide sich nebeneinander an dieselbe Seite des Tisches setzen, sodass der Interviewpartner Sie beide sehen muss, wenn er in eine Richtung schaut. Säße einer von Ihnen links und der andere rechts vom Befragten, was häufig vorkommt, wäre es für den Interviewten leicht, den kritischeren Frager „links liegen“ zu lassen. Er bräuchte dafür nur immer zum Beispiel den ihm angenehmeren Frager anschauen – und dem Quälgeist die kalte Schulter zeigen. Bei PR-Interviews ist dieser Kniff natürlich weniger wichtig als bei Interviews von investigativen Journalisten.
Der Schriftsteller Friedrich Georg Jünger sagte:
„Im Gespräch muss man die Gedanken des Partners unterstützen, ihnen Raum und Luft verschaffen. Man sollte sie nicht ersticken, bevor man ihnen widerspricht.“ Sorgen Sie dafür, dass Sie Ihrem Gesprächspartner so nahe kommen, dass er den Raum und die Luft annimmt, die Sie ihm geben. Dann werden Sie gute Antworten bekommen.
Autor: Mario Müller-Dofel, Mitinitiator des Wissensportals „Alles über Interviews“