kurz & knackig mit Petra Berthold, Leitwolf Consulting
„Arroganz nervt.“
Petra Berthold von Leitwolf Consulting ist gelernte Journalistin. Seit fast 25 Jahren macht sie PR für TV-Sendungen, kleine und mittelständische Unternehmen sowie für Freelancer und Schauspieler. Hier beantwortet sie Fragen über Interviews und Interviewer
Alles über Interviews: Petra Berthold, welche Vorteile haben Interviews aus Ihrer Sicht gegenüber anderen journalistischen Darstellungsformen?
Petra Berthold: Interviews wirken, wenn sie gut gemacht sind, wie ein „intimes“ Gespräch – gerade bei brisanten Themen. Aus den Antworten lässt sich die Geisteshaltung des Interviewten herauslesen, seine Stimmung und das, was er nicht sagen will.
Wie sind Journalisten, denen Sie gerne Interviews geben oder vermitteln?
Intelligent. Neugierig. Höflich. Gut vorbreitet. Ohne Schere im Kopf.
Was erwarten Sie von Journalisten in der Interviewvorbereitung?
Dass sie den Werdegang und die wichtigsten Werke, Erfindungen, Produkte et cetera ihres Interviewpartners präsent haben. Und dass sie sich einen roten Faden stricken und während des Interviews nicht aus den Augen verlieren.
Warum sitzen oft Pressesprecher in Interviews, obwohl sie nicht die Interviewten sind?
Weil sie ihre Schützlinge schützen wollen – vor sich selbst. Gerade medienunerfahrene Menschen reden sich schnell um Kopf und Kragen oder machen sich ohne Not „nackig“, weil sie denken, sie müssten auch die intimste Frage ehrlich beantworten.
Welche Verhaltensweisen von Interviewern nerven Sie?
Arroganz. Und wenn sie dem Interviewten zu verstehen geben, dass sie eigentlich gar keine Lust auf das Interview haben, es aber – warum auch immer – führen müssen
Wann sind Interviews aus Ihrer Sicht schlecht gelaufen?
Wenn der Interviewer keine guten, ehrlichen und/oder mehrwertigen Antworten bekommen hat. Wenn der Interviewte nicht das sagen konnte, was er sagen wollte. Wenn sich der Leser langweilt – und mittendrin aussteigt.
Wann finden Sie Interviews gelungen?
Wenn der Leser das Gefühl hat, einem guten Gespräch beigewohnt zu haben und nach dem Lesen schlauer ist, etwas Neues, Spannendes, Interessantes und/oder Schönes gelernt hat.
Was haben gute Interviewer, was schlechte nicht haben?
Gute Interviewer hören zu. Schlechte wissen alles schon – oder glauben, alles zu wissen. Gute Interviewer haben einen Fragenkatalog, reagieren aber auch spontan auf Antworten und haken nach. Schlechte Interviewer haken nur ihren Fragebogen ab.
Sehen Sie Unterschiede in der Interviewführung zwischen Journalisten und Journalistinnen?
Jein. Ob ein Interview gut oder schlecht wird, hat nichts mit dem Geschlecht zu tun. Allerdings sorgen Frauen eher für eine angenehme Gesprächsatmosphäre und knacken so ihr Gegenüber leichter.
Was ärgert Sie, wenn Sie Interviewtexte zur Autorisierung bekommen?
Wenn deutlich wird, dass der Interviewer nicht richtig zugehört und deshalb Sachverhalte falsch wiedergegeben hat. Wenn Namen, Daten und/oder Fakten nicht stimmen. Wenn das Interview schlecht geschrieben ist.
Gehört die Interviewtext-Autorisierung abgeschafft, wie viele Journalisten fordern?
Nein. So lange es schlechte Interviewer gibt, ist es – für beide Seiten – von Vorteil, dass man die Interviews hier oder da nachträglich verbessern kann.
Sie dürfen der Journalistenzunft jetzt bis zu drei Fragen zum Thema Interview stellen.
Warum betrachten so viele Journalisten ihr Gegenüber als Feind und begegnen ihm entsprechend aggressiv? Was kann ein Pressesprecher dazu beitragen, dass ein Interview ein Erfolg wird?
Vielen Dank!
Petra Berthold Ihre ersten Artikel schrieb Petra Berthold als 18-Jährige für die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ). Ihr Studium der Politik, Germanistik und Philosophie schloss sie mit 26 Jahren ab und volontierte danach bei der WAZ. Mit 30 leitete sie das Pressebüro der TV-Serie Lindenstraße (WDR/ARD). Drei Jahre später machte sie sich als Journalistin und PR-Beraterin selbstständig – und ist es bis heute.
kurz & knackig Für die „Alles über Interviews“ – Serie beantworten Journalisten, Blogger, Volontäre, Studenten, Interviewte und Kommunikationsverantwortliche von Unternehmen und anderen Organisationen in loser Folge einen Fragebogen zum Thema Interview. Die elf Antworten sollen jeweils höchstens 250 Zeichen lang sein.