kurz & knackig mit Ellen Reim, Kreiszeitung Wesermarsch
„Bei David Bowie würde ich peinlich werden.“
Ellen Reim ist stellvertretende Redaktionsleiterin der Kreiszeitung Wesermarsch in Nordenham. Hier beantwortet sie Fragen über Interviews, Interviewer und Interviewte
Im Januar 2015
Alles über Interviews: Frau Reim, was reizt Sie daran, Interviews zu führen?
Ellen Reim: Es gibt mir, wenn es gut läuft, die Möglichkeit, von Menschen Dinge zu erfahren, die sie mir nicht von sich aus erzählen würden. Meine Hoffnung ist stets, sie aus ihrer Alltagsrolle herauszuholen.
An welches Ihrer Interviews denken Sie am liebsten zurück?
An ein Interview mit dem damaligen Bundeslandwirtschaftsminister Funke. Ich hatte mich gut vorbereitet, dann verschob sich der Zeitplan so, dass ich meine Kinder im Kindergartenalter mitnehmen und mit Pommes und Ketchup im Auto einschließen musste. Kinder und Autoinneres waren hinterher sehenswert.
Welches Interview haben Sie mal richtig versemmelt?
Ein Interview mit dem Musiker John Watts, einst Fischer-Z. Ich kam in eine nostalgische Stimmung. Das Ergebnis war grauenvoll und dumm.
Wann finden Sie Interviews schlecht?
Wenn in ihnen nur steht, was in einem Bericht auch hätte stehen können. Und wenn der Interviewer sich zur Hauptperson stilisiert. Das ist lächerlich und blöd.
Was ist für Sie das Wichtigste bei der Interviewvorbereitung?
Informationen über den zu Interviewenden sichten, für mich selbst genau definieren, was das Thema sein soll.
Haben Sie einen Tipp fürs Warm-up vor dem Interview?
Ich bin immer freundlich, höflich und verbindlich, dabei keinesfalls kumpelig. Ich vermeide zu persönliche Themen, weil man sich da zu leicht blamiert, und das Wetter. Ansonsten hängt es von der Person ab und davon, wo und wie wir uns treffen.
Worauf kommt es beim Fragen besonders an?
Genau formulieren, genau zuhören, damit man nachfragen kann. Einerseits flexibel reagieren, andererseits aber nicht abdrängen lassen von dem, was man eigentlich wissen will. Viele Interviewte weichen sehr geschickt aus.
Gehört die Autorisierung von Interviewtexten abgeschafft?
Nein. Die Interviewten stehen mit ihrer Person im Mittelpunkt, da sollen sie schon das Recht haben, ihre Äußerungen zu überprüfen. Ich erzähle auch viel, wenn der Tag lang ist, und das ist nicht immer druckreif.
Welches Interviewformat in Deutschland gefällt Ihnen am besten?
Kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass ich eines ganz und gar nicht leiden kann: 99 Fragen von Moritz von Uslar. Grässlich, inhaltsarm und selbstverliebt.
Wen würden Sie gerne einmal interviewen?
David Bowie, aber das soll wirklich ein Traum bleiben, weil ich den Fan in mir nicht zügeln könnte und peinlich würde. Vermutlich könnte er mir auch nicht erklären, warum er mein Leben beeinflusst hat.
Sie können der Pressesprecherzunft jetzt bis zu drei Fragen zum Thema Interview stellen.
Zum Glück arbeite ich im Lokalen nur selten mit Pressesprechern, aber manchmal halt doch. Aber es würde mich schon interessieren, warum sie oft solche Angst haben, ihr Chef oder ihre Chefin könnte schlecht aussehen.
Vielen Dank!
Ellen Reim (54) studierte Anglistik, Germanistik und Politikwissenschaft in Heidelberg und Mainz. Beim Badischen Tagblatt in Baden-Baden volontierte sie und ist seit 25 Jahren bei der Kreiszeitung Wesermarsch. Die stellvertretende Redaktionsleiterin ist verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter.
kurz & knackig Für die „Alles über Interviews“ – Serie beantworten Journalisten, Blogger, Volontäre, Studenten, Interviewte und Kommunikationsverantwortliche von Unternehmen und anderen Organisationen in loser Folge einen Fragebogen zum Thema Interview. Die elf Antworten sollen jeweils höchstens 250 Zeichen lang sein.