Interviewfreigabe. Über eine Verhandlung

„Die Interviewfreigabe war ein Problem“

Philipp Schöner (24) studiert Journalismus an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Er gehörte zur Semester-Redaktion des Interviewmagazins Inter.Vista, das einen starken Bezug zur Stadt Magdeburg hat. Wie der Journalismus-Studiengang ein solches Lehrprojekt stemmt, verrät Ideengeber und Dozent Dr. Uwe Breitenborn im Interview. Hier schreibt Student Schöner über seine größten Herausforderungen und Erkenntnisse. Sein Hauptthema: Eine problematische Interviewfreigabe.

Philipp Schöner, im Juni 2017

Welcher Arbeitsschritt war die größte Herausforderung für mich?

Als größte Herausforderung stellte sich in meinem Fall der Freigabeprozess der Interviews dar. In einem speziellen Fall gab es das Problem, dass der Interviewpartner zwar sehr gute und stringente O-Töne lieferte, die sich gut und fast chronologisch transkribieren ließen.

Bei der Interviewfreigabe hatte der Interviewpartner allerdings viele Anmerkungen und Änderungswünsche. Außerdem wurde der Lesefluss durch das nachträgliche Einfügen von Fachtermini und das Ändern von bestimmtem Formulierungen gestört. Darüber hinaus wurden Sätze dahingehend gekürzt, dass die formulierten Fragen dem unbeteiligten Leser keinen logischen Anschluss mehr ermöglichten.

Interviewfreigabe - Interviewmagazin
Philipp Schoener: Journalismus-Student und Inter.Vista-Redakteur (Foto: Privat)

Wie habe ich diese Herausforderung gelöst?

Um die umfangreichen Änderungen nachzuvollziehen, vereinbarte ich mit dem Interviewpartner ein erneutes Gespräch, in dem ich bestimmte Passagen, vor allem die, in denen nicht nur Sätze und Wörter gestrichen, sondern aktiv geändert und umgestellt wurden, diskutierte. In dem Gespräch stellte sich heraus, dass der Gesprächspartner das Ändern als natürlich empfand und maßgeblich nach persönlichem Geschmack geändert hatte. Die eingefügten Fachwörter waren seiner Meinung nach notwendig für das Verständnis.

 

„Als Journalisten haben wir das bessere Verständnis für Texte.“

 

Ich argumentierte, dass die Formulierung bei der Redaktion liegt und wir als Journalisten in der Regel ein besseres Verständnis für die Rezeption von Texten haben. Wir konnten uns daraufhin einigen, dass die Fachtermini zu einem Großteil entfernt und die Antworten dahingehend umformuliert wurden, dass für den Leser keine Verständnislücken mehr vorhanden waren. Die endgültige Interviewfreigabe erfolgte dann ohne weitere Einwände.

Was ist meine wichtigste Erkenntnis aus diesem Interviewprojekt?

Meine wichtigste Erkenntnis ist, dass es durchaus eine Herausforderung darstellt ein inhaltliches adäquates Interview zu führen und vor allem das Interview nicht aus der Hand zu geben. Manchmal erwischte ich mich dabei, wie ich mich thematisch in Antworten verlor. Ich war also einerseits sehr interessiert, nahm aber teilweise sich anbietende weitere Themen nicht wahr, oder die Antworten wiesen eine so hohe Informationsdichte auf, dass ich nicht alles gleich aufnehmen konnte.

Interviews sind Situationen die höchste Aufmerksamkeit erfordern, um gegebenenfalls im richtigen Moment nachhaken zu können oder das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. Ich habe gelernt, mich intensiv vorzubereiten und eine Situation zu erschaffen, in der ich mental zu 100 Prozent wach bin und andere Dinge währenddessen ausblende.