Interviews im Journalismus : Folge 2: Prof. Dr. Armin Scholl über WAHRHEIT. Podcast!

Über Wahrheit, Wahrnehmung und Wirklichkeit in Interviews

Interviews im Journalismus, Teil 2: Nachdem der Journalismusforscher Prof. Dr. Armin Scholl in Teil 1 dieser 5-teiligen Podcast-Serie Fragen zu Objektivität (und Subjektivität) beantwortet hat, spricht er nun über Wahrheit und Wahrheitssuche in journalistischen Interviews. (Der Player ist unter dem Foto.)

Prof. Dr. Armin Scholl ist Kommunikationswissenschaftler und Journalismusforscher an der Westfälischen Wilhelms Universität Münster. In den ersten drei Podcast-Folgen mit ihm geht es um journalistische Ansprüche und – zum Vergleich – um die Realität in der journalistischen Praxis. In Teil 4 geht’s um Missverständnisse und in der letzten Folge um die umstrittene Autorisierung von Interviews durch die Befragten.

Interviews im Journalismus; die fünf Podcast-Folgen heißen:

1: Objektivität (Bereits erschienen. Klickt rein.)
2: Wahrheit
3: Fairness
4: Missverständnisse
5: Interviewautorisierung

Befragt wird Scholl von Mario Müller-Dofel, Co-Initiator von alles-ueber-interviews.de.

Interviews im Journalismus, Teil 2: Wahrheit

Was ist Wahrheit? Wie kommen Interviewer der Wahrheit auf die Spur? Wie lässt sich Wahrheit prüfen? Und warum muss Wirklichkeit noch lange nicht Wahrheit sein? Prof. Dr. Armin Scholl beantwortet diese und weitere Fragen mit Tiefgang. Dabei spielt für ihn die Sozialisation von Interviewern und Befragten eine wesentliche Rolle.

Interviews im Journalismus - Armin Scholl
Journalismusforscher Armin Scholl: Beschäftigt sich vor allem mit politischen Interviews (Foto: Susanne Lüdeling)

Armin Scholl meint: „Innerhalb einer Gesellschaft hängt die Wirklichkeitssicht mit davon ab, wie wir sozialisiert sind.“ Deshalb sei Pluralismus und Diversität im Journalismus sehr wichtig, auch wenn zum Beispiel mehr junge Journalisten aus Arbeiterfamilien – oder eine ausgewogene Geschlechterdiversität – das Problem tendenziell ähnlicher subjektiver Wahrheitssichten alleine nicht lösen könnten. Auch die Gründe dafür erläutert Prof. Scholl im Podcast.

Ist es realistisch, in Interviews der Wahrheit auf die Spur kommen zu wollen, wenn es doch ohnehin immer mehrere Wahrheiten gibt? Scholl sagt: „Ja, wenn man ein Gespräch um Fakten führt.“ Allerdings sei das nicht immer der Fall, oft aus gutem Grunde nicht. Dann ginge es auch um die Wahrhaftigkeit der Interviewten und um die subjektiven Befindlichkeiten von Interviewern und Befragten.

„Das Interview ist strategische Kommunikation.“

Schwierig bei der Wahrheitsfindung sei auch, dass das journalistische Interview „strategische Kommunikation“ und damit ein „Machtspiel“ ist. „Journalisten wollen möglichst viel aus ihren Gesprächspartnern herausholen. Und die Befragten wollen sich von den Journalisten nicht über den Tisch ziehen lassen, sondern sich möglichst positiv darstellen“, sagt Prof. Scholl. „Wenn es aus ihrer Sicht nötig ist, machen sie das auch mit Unwahrheiten und Unwahrhaftigkeit.“

Aber mit welcher Berechtigung kann ein Interviewer zu seinem Gesprächspartner sagen: „Ich glaube Ihnen nicht.“? Auch dazu mehr im Podcast.

Was (zu viele) Suggestivfragen und Journalistenmeinungen im Interview bewirken

Journalismusforscher Scholl geht auch auf die Unterschiede subjektiver Wahrnehmungen ein – und wie es dadurch zum Anschein aggressiver Gesprächsführung kommen kann. Dieser Anschein, sagt Scholl, käme häufig zum Beispiel durch Suggestivfragen zustande – oder wenn Journalisten vor allem ihre persönlichen Meinungen durchdrücken wollten. Insbesondere letzteres sei „nicht professionell, weil Journalisten ihre Gesprächspartner vor allem aus Publikumssicht befragen sollten“.

Auf die Frage, ob es einen „unbestechlichen Blick auf die Welt“ geben kann (dies bescheinigt ein vom Magazin Der Spiegel beauftragter Werbeprofi der Spiegel-Redaktion), sagt Prof. Scholl: „Es gibt keine perspektivlose Form der Berichterstattung“. Dennoch glaubt er, dass die meisten Interviewer in Deutschland auf legitime Art und Weise auf Wahrheitssuche sind – und hebt ZDF-Moderatorin Marietta Slomka hervor.

Hört rein, hört zu und denkt darüber nach. In etwa vier Wochen folgt der dritte Podcast-Teil mit Prof. Dr. Armin Scholl. Dann thematisieren wir FAIRNESS in Interviews.

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Viel Spaß beim Zuhören!